Einer Umfrage des deutschen Online-Portals für Statistik zufolge leidet ca. ein Viertel der Deutschen daran, „Dinge aufzuschieben“ (Statista 2011). Grundsätzlich kennt das wohl jeder. Problematisch wird es allerdings, wenn es zu negativen Konsequenzen für die Betroffenen führt…
An der Uni Münster wird bereits seit 2004 zu dieser Thematik geforscht. Stephan Förster von der Uni Münster gibt zu bedenken, dass ca. 10% der Studierenden, die an der Untersuchung teilnahmen, von der pathologischen Form des Aufschiebens – der sogenannten Prokrastination – leiden. Diese zeigt sich, dass die Betroffenen ihr Verhalten nicht ändern, trotz sich daraus ergebener ernsthafter Probleme. Kommt es sogar zu Symptomen wie Angstzustände, Unruhe oder Schlafstörungen bedarf es womöglich einer entsprechenden Behandlung.
Teste dein Aufschiebeverhalten!
Die Prokrastinationsambulanz der Universität Münster hat einen kostenlosen Selbsttest für Prokrastination entwickelt. Dieser ist unter folgendem Link abrufbar:
https://www.uni-muenster.de/Prokrastinationsambulanz/Angebote_Test.html
Handelt es sich allerdings um eine nicht krankhafte Form, sondern um das alltägliche Aufschieben, das jeder von uns kennt, so können folgende Tipps helfen:
1. Priorisieren
Welche Aufgaben sind wichtig? Welche Aufgaben sind dringen? Wichtige Aufgaben sollte man selbst erledigen, dringende Aufgaben können delegiert werden. Bisweilen gibt es auch Aufgaben die beides vereinen. Dann solltest du sie selbst und sofort erledigen. Zunächst ist es hier ratsam, eine Prioritätenliste zu erstellen. Sich mit einem Thema auseinandersetzen, zu dem man eine Seminararbeit oder eine Abschlussarbeit schreiben möchte, sollte man selbst und möglichst zu Beginn einer Arbeit tun. Dringend ist es zum Beispiel, ein Buch aus der Bibliothek abzuholen, da dieses vielleicht nur noch an dem Tag verfügbar ist. Diese Tätigkeit kann aber auch ein Kommilitone übernehmen.
2. Setze dir Deadlines
Hat das Verhalten des Aufschiebens keine (unmittelbare) negative Konsequenz, neigen wir häufiger dazu, unangenehme Dinge aufzuschieben. Eine Hausarbeit, die keine deadline hat oder auf freiwilliger Basis beruht, wird wohl eher nach hinten geschoben als eine Arbeit, die mit einer Note verbunden ist oder sogar darüber entscheidet, ob das Studium fortgeführt werden kann. Setz dir somit eine persönliche deadline: „Bis zum Tag X werde ich die Arbeit abgeben.“
3. Weniger ist mehr – realistisch bleiben
Eine Seminararbeit an einem Tag und eine Bachelorarbeit in zwei Wochen schreiben? Das sind wohl für die meisten Menschen eher unrealistische Ziele. Bevor du an dem großen Ganzen verzweifelst, versuche die große Aufgabe in kleine Aufgaben zu unterteilen. Wenn das große Ziel ist, eine Hausarbeit zu schreiben, kannst du dir vornehmen, pro Tag eine Studie zu dem Thema zu lesen und die wesentlichen Inhalte zusammenzufassen oder die Gliederung zu verfassen oder pro Tag eine Seite zu schreiben oder, oder, oder.
4. Planung
Versuche dir deine Abschlussarbeit als Projekt vorzustellen, welches unterschiedliche Teilziele hat. Für jedes Teilziel wiederum benötigst du Arbeitspakete, die abgearbeitet werden müssen. Ein Teilziel könnte das Erstellen einer (vorläufigen) Gliederung sein. Arbeitspakete hierzu könnten sein, zunächst ein Grobkonzept mit den entsprechenden Hauptkapiteln zu erstellen. Hier kannst du dich von anderen Gliederungen inspirieren lassen, da das Grobkonzept bei allen wissenschaftlichen Arbeiten ähnlich ist (z.B. Einleitung/Problemstellung, Forschungsziel und Forschungsfrage, theoretischer Teil, Methodenteil, Ergebnisse, Diskussion, Fazit/Ausblick). Dann beginnst du zu den Hauptkapiteln Unterkapitel zu erstellen. Lautet dein Thema „Der Einfluss von Smartphones auf das Kommunikationsverhalten von Jugendlichen“, so könnte ein Untertitel deines Theorieteils „Kommunikationsmodell nach XY“ lauten. Ziel ist es, die jeweiligen Teilziele mit Arbeitspaketen zu befüllen, um daraus wiederum einen realistischen Zeitplan zu erstellen. Zudem solltest du immer Puffer einplanen, da immer unvorhergesehene Dinge eintreten können. Bist du der visuelle Typ? Dann kannst du dir den Plan auch aufmalen oder einen Projektplan zum kostenlosen Download verwenden. Allerdings solltest du dich hier nicht im Detail verlieren, denn das bringt uns schon zum nächsten Punkt
https://pm-blog.com/2013/01/25/projektplan-zum-kostenlosen-download-2013/
5. Nicht überorganisieren
Wenn die Selbstverwaltung deiner Organisation länger dauert als das Umsetzen, machst du etwas falsch. Bevor du dich beispielsweise mit einem Tool, mit dem du die Arbeitsschritte deiner Abschluss- oder Seminararbeit planst, zu lange beschäftigst und damit wertvolle Zeit verlierst – keep it short and simple. Mit einem Blatt Papier und ein paar (bunte) Stiften kommst du womöglich zum gleichen Ergebnis.
6. Ablenkungsfrei arbeiten – Störquellen ausschalten
Auch wenn es nur allzu verlockend ist, sich über die Pushbenachrichtigungen auf dem Smartphone ablenken zu lassen, so solltest du versuchen, möglichst alle Störquellen auszuschalten. Schreibtisch aufräumen, Smartphone auf lautlos oder ausschalten, Radio aus, Tür zu und anfangen. Lassen wir uns permanent ablenken, ist es zudem schwer, in einen richtig tiefen Arbeitsflow zu kommen. Eine Studie der University of California zu digitaler Ablenkung zeigt (u.a. Mark 2006), dass es bis zu 23 Minuten dauern kann, bis wir uns wieder auf unsere eigentliche Aufgabe konzentrieren können. Werden wir alle 5 Minuten abgelenkt, erreichen wir nie den tiefen Arbeitsflow, der uns dabei hilft, konzentriert, gezielt und fokussiert an einer Aufgabe zu bleiben.
7. Routinen entwickeln
Gewohnheiten helfen uns grundsätzlich an einer bestimmten Sache dran zu bleiben. Jeden Tag zur gleichen Zeit aufstehen, duschen, anziehen, Kaffee trinken und los geht´s an den Schreibtisch. Überdies haben Routinen auch etwas Beruhigendes. Wenngleich es bis zu ca. 2 Monaten dauert, bis sich eine richtige Gewohnheit entwickelt hat, so kannst du dies bereits zu Beginn deines Studiums nutzen. Selbst wenn du deine Gewohnheiten mal an einem Tag unterbrichst, solltest du diese weitgehend einhalten. Schließlich lernt unser Gehirn durch Wiederholungen und je häufiger du etwas tust, desto schneller und besser gewöhnst du dich daran.
8. Verabrede dich mit Gleichgesinnten
Geteiltes Leid ist halbes Leid. An dem Sprichwort ist tatsächlich etwas dran und es lässt sich auch gut auf eine Studienarbeit oder eine Abschlussarbeit übertragen. Verabrede dich mit Studienkollegen, um z.B. gemeinsam für zwei Stunden pro Tag in der Bibliothek deiner Uni oder Hochschule zu arbeiten. Natürlich könnt ihr euch auch an jedem anderen Ort treffen. Hier bedarf es allerdings etwas mehr Disziplin. Dennoch kann diese Strategie dazu führen, dass ihr letztlich gemeinsam das Ziel erreicht.
9. Belohnen
„Wenn ich mich noch eine Stunde mit meiner Arbeit beschäftige, darf ich eine Folge Netflix schauen.“ Solche Belohnungssysteme können dazu beitragen, eine Aufgabe motiviert anzugehen. Manchmal reicht es auch, sich mit dem Abhaken eines Punktes auf der To-Do-Liste oder einer Tasse Tee zu belohnen. Durch diese kleinen Belohnungen kommt man seinem langfristigen Erfolg zumindest schrittweise näher. Und diese Strategie funktioniert fast in jedem Bereich des Lebens.
Mein call to action für dich:
Such dir mind. 3 Strategien + Belohnen aus und beginne noch direkt heute.
Stay tuned,
deine Julia
Quellen:
Mark, Gloria (2006): Too Many Interruptions at Work? Office distractions are worse than you think – and maybe better. Online: https://news.gallup.com/businessjournal/23146/too-many-interruptions-work.aspx, abgerufen: 15.06.2020.
Statista (2011): Was ist Ihrer Meinung nach Ihre schlechteste Angewohnheit? https://de.statista.com/statistik/daten/studie/188094/umfrage/schlechte-angewohnheiten-der-deutschen/#professional, abgerufen. 07.07.2020.